Katastrophenschutz: Herausforderung steigen
Herrmann stellt neues Konzept vor
MÜNCHEN/NÜRNBERG. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat heute das Konzept Katastrophenschutz Bayern 2025 vorgestellt, das gemeinsam mit allen am Hilfeleistungssystem beteiligten Organisationen und Verbänden entwickelt wurde. „Der Katastrophenschutz in Bayern ist hervorragend aufgestellt. Uns allen ist aber klar: Die Herausforderungen steigen, Einsatzlagen werden immer komplexer. Um uns für künftige Herausforderungen zu wappnen, haben wir gemeinsam mit Vertretern der Hilfs- und Einsatzorganisationen zwölf konkrete Empfehlungen zur Fortentwicklung des Katastrophenschutzes erarbeitet“, erläuterte der bayerische Innenminister. Diese sollen laut Herrmann bis 2025 schrittweise umgesetzt werden. Bereits im letzten Jahr waren erste Punkte auf den Weg gebracht worden. Zugleich forderte der Innenminister auch von der Bundesregierung mehr Engagement: „Wir brauchen auch vom Bund mehr Unterstützung. Ich kann nicht erkennen, dass der Bund den Bevölkerungsschutz stärkt – im Gegenteil! Geplant ist, den Zivil- und Katastrophenschutz im Bundeshaushalt zu kürzen. Das ist völlig unverantwortlich!“
Das neue Katastrophenschutzkonzept enthält zwölf konkrete Vorschläge von organisatorischen Maßnahmen wie der Errichtung des Bayerischen Melde- und Lagezentrums Bevölkerungsschutz (BayMLZ) im Innenministerium, das bereits im Mai dieses Jahres seine Tätigkeit aufgenommen hat, bis hin zu einer verstärkten Digitalisierung im Katastrophenschutz, etwa bei der Lagedarstellung und Einsatzbewältigung. Das Konzept sieht außerdem intensivere Maßnahmen vor, um die Bevölkerung besser aufzuklären und zu sensibilisieren. Die umfangreichen staatlichen Beschaffungen im Katastrophenschutz sollen künftig noch zielgerichteter erfolgen, indem regionale Gefahren berücksichtigt werden. Katastrophenschutzlager in jedem Regierungsbezirk dienen künftig dazu, dass Einsatzmittel überregional vorgehalten werden können.
Das Konzept greift auch Personalfragen auf: Die Strukturen im Katastrophenschutz sind weit überwiegend ehrenamtlich geprägt. „Wir wollen das sicherheitsrelevante Ehrenamt weiter stärken“, sagte Herrmann. „Einsatzkräfte für den Katastrophenschutz zu gewinnen und langfristig zu binden, ist für eine zuverlässige Lagebewältigung im Ernstfall entscheidend.“ Wichtig ist etwa auch der Einsatz von Spontanhelfern, für die es möglichst einheitliche Lösungen und Vorbereitung braucht. Zur strukturierten Einbindung soll eine Online-Plattform eingerichtet werden. Darüber hinaus sieht das Konzept vor, die Katastrophenschutzbehörden auf allen Ebenen personell zu verstärken.
Das Konzept „Katastrophenschutz Bayern 2025“ mit allen Empfehlungen ist online abrufbar unter http://www.stmi.bayern.de .
Die Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), Angelika Schorer, betonte: „Nach einer Katastrophe ist es von größter Bedeutung, dass Entscheiderinnen und Entscheider daraus die richtigen Lehren ziehen. Der Freistaat Bayern hat das auf vorbildliche Art und Weise und unter Beteiligung der Hilfs- und Einsatzorganisationen getan. Das Bayerische Rote Kreuz begrüßt dieses 12-Punkte-Programm nicht nur deshalb, weil wir aktiv daran mitgewirkt haben, sondern auch, weil es einen wegweisenden und effektiven Fahrplan für einen noch schlagfertigeren Katastrophenschutz darstellt. Denn ein funktionierender Katastrophenschutz ist wie eine Versicherung: Man ist froh, wenn man sie nicht braucht – und doch dankbar, wenn man sie im Ernstfall hat. Hierbei sind die Menschen im Katastrophenschutz von entscheidender Bedeutung, die sich ehrenamtlich für die Gesellschaft einbringen. Es ist unsere Pflicht, sie zu stärken und ihr Engagement so unkompliziert wie nur möglich zu gestalten. Dazu gehört für mich auch eine umfassende Freistellung der Helferinnen und Helfer bei Übungen und Ausbildungsgängen. Heutzutage müssen die Ehrenamtlichen der Hilfsorganisationen, anders als beim THW und der Feuerwehr, dafür Urlaub nehmen. Im Einsatzfall sind alle Helferinnen und Helfer gleichgestellt – doch gerade bei Übungen sehen wir Verbesserungsbedarf.“
Der Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbandes Bayern (LFV), Johann Eitzenberger, erklärte: „Wir freuen uns, dass in dem Konzept zahlreiche Punkte, die auch in den Gremien des Landesfeuerwehrverbandes erarbeitet wurden und zum Teil bereits in der im vergangenen Jahr unterzeichneten Kooperationsvereinbarung zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Feuerwehren und dem Freistaat enthalten sind, mit aufgenommen wurden. Von zentraler Bedeutung ist aus unserer Sicht die Einbeziehung aller Akteure im Katastrophenschutz sowie die verstärkte Einbindung der ehrenamtlichen Führungskräfte aus dem Bereich der Feuerwehr, z.B. in den Stäben auf Bezirks- und Landesebene. Wir begrüßen auch das neu installierte Melde- und Lagezentrum unter Führung des Innenministeriums sowie die angedachte Einrichtung von Katastrophenschutzlagern auf Ebene der Regierungsbezirke. Damit können wichtige Synergien und eine Verbesserung der Vorhaltung landesweit bedeutender Ressourcen erreicht werden.“
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren in Bayern (AGBF), Wolfang Schäuble, wies darauf hin, dass die Verbesserung der Führungsfähigkeiten und die Führungsvernetzung zu einer Stärkung des bayerischen Katastrophenschutzes beitragen werden.
Herrmann appellierte zugleich an die Bundesregierung, die angekündigte Stärkung des Bevölkerungsschutzes umzusetzen. „Nach der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal und dem Angriffskriegs Russlands waren sich alle einig: Wir müssen mehr für den Katastrophen- und Zivilschutz tun. Gleichwohl kürzt der Bund nun das zweite Mal in Folge beim Bevölkerungsschutz. Dies ist klarer Wortbruch. Auch die veranschlagten Mittel für eine weitere Förderung des Sirenenausbaus sind unzureichend. Wir brauchen ein auskömmliches Bund-Länder-Programm“, so Herrmann.