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EU-Projekt soll leerstehenden Kirchen und Klöstern neues Leben einhauchen

Fachleute aus ganz Europa erkunden innovative Nutzungskonzepte in der Oberpfalz

REGENSBURG. Seit 2024 ist die Kultur- und Heimatpflege des Bezirks Oberpfalz Teil des EU-Projektes „Religiöses Erbe in ländlichen Gebieten“ (REliHE). Das Ziel: neue Nutzungsmöglichkeiten für sakrale Gebäude zu finden, die nicht mehr für kirchliche Zwecke gebraucht werden. Im Rahmen einer dreitägigen Studienfahrt besuchten Fachleute aus sechs europäischen Partnerregionen gelungene Beispiele und Problemfälle in der Oberpfalz, um Erfahrungen auszutauschen und Lösungsansätze zu entwickeln.

„Das Thema ist aktueller und bedeutender, als viele denken“, betonte Bezirkstagspräsident Franz Löffler beim Auftakt der Exkursion im Kloster Frauenzell (Landkreis Regensburg). Durch den Rückgang der Kirchenmitglieder entstehen immer mehr ungenutzte sakrale Räume. Da diese Gebäude wertvolles Kulturgut sind, gilt es, nachhaltige Nutzungskonzepte zu entwickeln, um ihren Erhalt zu sichern.

Projektleiterin Verena Pfeffer und Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl begrüßten die internationale Delegation aus Italien, Spanien, Tschechien, Polen, Lettland und den Niederlanden. Ziel des Projekts sei es, das Potenzial des baulichen religiösen Erbes zu erkennen, Ideen aus anderen Regionen zu sammeln und ein europäisches Netzwerk aufzubauen. „Wir möchten diese identitätsstiftenden Gebäude durch Nach- oder Mischnutzungen erhalten, die ihren ursprünglichen Charakter respektieren“, so Appl.

Frauenzell: Neue Konzepte für das ehemalige Kloster

Angeregt durch das REliHE-Projekt wird sich ein Seminar der Fakultät für Architektur an der OTH mit der Konzeption einer nachhaltigen Neubelebung des ehemaligen Klosters Frauenzell befassen.
Foto: Bastian Schreiner, Bezirks Oberpfalz

Eine der größten Herausforderungen im Kloster Frauenzell sind die komplexen Eigentumsverhältnisse: Die verschiedenen Gebäude befinden sich in privater, staatlicher, kommunaler und kirchlicher Hand. Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeitet die Gemeinde mit Bürgermeisterin Irmgard Sauerer an Nutzungskonzepten. Unterstützt wird sie dabei von der Agentur Bauwärts, die mit kreativen Impulsprogrammen neue Nutzungsmöglichkeiten eruiert.

Im Sommersemester wird ein Seminar der Fakultät für Architektur an der OTH Regensburg Konzepte zur nachhaltigen Neubelebung des Klosters erarbeiten. Durch das REliHE-Projekt erhält das Vorhaben wertvolle Impulse aus dem internationalen Erfahrungsaustausch.

Maxhütte-Haidhof: Neue Ideen für eine zu große Kirche

Die „neue“ Kirche in Maxhütte-Haidhof im Landkreis Schwandorf aus ist mit ihren 800 Sitzplätzen zu groß und extrem energieaufwendig im Unterhalt.
Foto: Bastian Schreiner, Bezirks Oberpfalz

In Maxhütte-Haidhof gibt es zwei katholische Kirchen. Die Friedhofskirche St. Barbara von 1923 wäre für die schrumpfende Gemeinde passend, ist aber sanierungsbedürftig und derzeit geschlossen. Die große Kirche aus den 1960er Jahren bietet Platz für 800 Gläubige, ist jedoch für die heutige Nutzung zu groß und energieaufwendig im Unterhalt.

Studierende der OTH Regensburg haben unter Leitung von Prof. Anne Beer verschiedene Nachnutzungskonzepte entwickelt. Ihre Ideen wurden der internationalen Delegation präsentiert und sorgten für angeregte Diskussionen über innovative Lösungen für ähnliche Gebäude in Europa.

Waldsassen: Vorbild für gelungene Mischnutzung

Das Kloster Waldsassen gilt als Best-Practice-Beispiel für die erfolgreiche Kombination aus Sanierung und Mischnutzung. Neben dem von der Klostergemeinschaft betriebenen Gästehaus St. Joseph beherbergt das Kloster eine Mädchenrealschule sowie eine inklusive Wohngemeinschaft im sanierten Mühlenviertel.

Das Kultur- und Begegnungszentrum organisiert ein vielfältiges Kursprogramm in Religion, Musik und Kultur und fungiert als staatlich anerkannte Umweltstation. Künftig wird zudem das ehemalige Gartenschulhaus der Äbte saniert und die Klosterbibliothek barrierefrei zugänglich gemacht.

Trabitz: Kirche bleibt Kirche – aber mit neuer Nutzung

Die evangelische Pauluskirche in Trabitz stand vor einem Dilemma: Sinkende Besucherzahlen bedrohten ihren Erhalt. Eine innovative Lösung wurde gefunden, indem der Jugendhilfeträger Learning Campus gGmbH als Mieter und Nutzer einzog. Das Besondere: Die Kirche wurde nicht entwidmet, sondern weiterhin für Gottesdienste, Hochzeiten und Taufen genutzt.

Das Modell zeigt, wie durch Mischnutzung kirchliche Gebäude neu belebt werden können, ohne ihren sakralen Charakter zu verlieren. Zudem wurde das Konzept von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen.

Plankstetten: Nachhaltige Nutzung eines Klosters

Die Benediktinerabtei Plankstetten dient als Bildungsort mit Gästehaus, Tagungsräumen, Kindergarten und Klosterbibliothek. Zudem wird dort eine ökologische Landwirtschaft betrieben. Durch umfassende Sanierungen und ein nachhaltiges Energiekonzept wurde das Kloster zu einem Vorbild für ressourcenschonende Nachnutzung.

Europäischer Austausch für innovative Konzepte

Prof. Anne Beer von der OTH (2. von links) entwickelte mit Studierenden mögliche Nachnutzungskonzepte für die Nachkriegskirche und stellte der Delegation eine Auswahl dieser Entwürfe vor.
Foto: Bastian Schreiner, Bezirks Oberpfalz

Die Studienfahrt machte deutlich, wie vielfältig die Herausforderungen und Lösungsansätze für leerstehende sakrale Bauten sind. Dank des internationalen Austauschs können wertvolle Impulse für die Oberpfalz gewonnen werden. Der Bezirk setzt sich dafür ein, diese historischen Gebäude als lebendige Orte der Gemeinschaft zu erhalten und ihre Nutzung langfristig zu sichern.

Bezirkstagspräsident Franz Löffler (vorne Mitte) begrüßte die Teilnehmer der Partnerregionen beim Auftakt der Studienfahrt vor dem Kloster Frauenzell.
Foto: Bastian Schreiner, Bezirks Oberpfalz