OberpfalzUmwelt und Natur

Brutale Praxis: Täter setzen vergiftete Tauben als Köder für Greifvögel ein

Naturschutzkriminalität im Landkreis Regensburg – Bevölkerung um Mithilfe gebeten

REGENSBURG. Mit giftiger Substanz bestrichen, flugunfähig gemacht und als lebendiger Köder ausgesetzt: Im Landkreis Regensburg, nahe Nittendorf, entdeckte eine Spaziergängerin Mitte November eine misshandelte Zuchttaube. Das Tier war mit dem hochtoxischen Kontaktgift Carbofuran präpariert – einem Stoff, der in der EU seit 2007 verboten ist. Der Fall wirft ein erschütterndes Licht auf die Methoden von Tätern, die gezielt Greifvögel töten wollen.

„Diese Vorgehensweise ist nicht nur skrupellos, sondern auch eine Straftat, die wir konsequent verfolgen“, erklärt Nicole Meier, Biologin beim bayerischen Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV). Gemeinsam mit der Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS) hat der LBV im Rahmen des Projekts „Tatort Natur“ Anzeige erstattet und hofft nun auf Hinweise aus der Bevölkerung.


Taube bewusst flugunfähig gemacht

Die betroffene Taube wurde bei einem Pferdehof in Nittendorf entdeckt und zur Vogelauffangstation des LBV nach Regenstauf gebracht. Dort fiel sofort auf, dass die Federn an Flügeln und Schwanz gestutzt worden waren. Zudem war das Tier mit einer rosa Farbe markiert. Eine toxikologische Analyse bestätigte schließlich den Verdacht: Die Taube war mit Carbofuran bestrichen worden. „Das Gift ist extrem gefährlich – nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen“, betont Meier.

Die Täter nutzen die natürlichen Jagdgewohnheiten von Greifvögeln wie Habichten oder Wanderfalken aus. Durch die Flugunfähigkeit der Taube wird sie zu einer leichten Beute. Greifvögel, die solche präparierten Tiere erlegen, nehmen das Gift auf und verenden qualvoll.


Täter bislang nicht gefasst

Der aktuelle Fall reiht sich in eine Serie ähnlicher Vergehen ein. „Wir hatten erst im August einen ähnlichen Vorfall im Landkreis Pfaffenhofen“, berichtet Meier. Häufig bleibt die Tat unentdeckt, weil die vergifteten Tauben entweder bereits tot sind, wenn sie gefunden werden, oder weil sie von Greifvögeln gefressen wurden, die daraufhin ebenfalls sterben.

Im Fall von Nittendorf hatte die Taube jedoch Glück: Sie konnte in der Auffangstation gereinigt und aufgepäppelt werden.


Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen

Der LBV und die GLUS bitten die Bevölkerung dringend um Unterstützung bei der Aufklärung solcher Fälle. Hinweise können an die Polizeiinspektion Nittendorf unter der Telefonnummer 09404/95140 oder über die Plattform www.tatort-natur.de gemeldet werden. „Wichtig ist, verdächtige Funde nicht zu berühren. Die eingesetzten Gifte können auch für Menschen und Haustiere lebensgefährlich sein“, warnt Franziska Baur, Fachreferentin für Naturschutz bei der GLUS.


Gemeinsames Projekt gegen Naturschutzkriminalität

Um die Verfolgung solcher Taten zu verbessern, starteten der LBV und die GLUS 2019 das Projekt „Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“. Ziel ist eine bayernweite Datenbank, die Fälle und Verdachtsfälle speichert und als Anlaufstelle für Behörden und die Öffentlichkeit dient. Die Datenbank soll die langfristige Verfolgung der Fälle ermöglichen, die Öffentlichkeitsarbeit stärken und Fortbildungsangebote schaffen.

Das Projekt wird seit 2021 vom Bayerischen Landesamt für Umwelt gefördert und finanziert.

Weitere Informationen sowie eine Checkliste zum richtigen Verhalten bei verdächtigen Funden sind auf www.tatort-natur.de verfügbar. Dort können auch Fälle gemeldet werden.