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Brauchtum und Schabernack: Walpurgisnacht in Erbendorf

ERBENDORF. Wer am 1. Mai morgens verwundert auf den leeren Vorgarten blickt und sich fragt, wo die Gartenbank, der Terrakotta-Topf oder die geliebte Gartenzwerg-Parade geblieben sind – keine Sorge: Die Walperer waren unterwegs! Auch in diesem Jahr hat sich die Walpurgisnacht als Fest des kreativen Schabernacks erwiesen.

In Erbendorf, wie auch in vielen anderen Orten der Umgebung, ist es altehrwürdige Tradition, in der Nacht zum 1. Mai entbehrliche Gegenstände aus Vorgärten, Einfahrten und Hauseingängen „auszuborgen“ – natürlich nur zum Zwecke der temporären Ausstellung. Und wo sonst sollte man sie zur Schau stellen, wenn nicht rund um den Maibaum?

Maibaum wird zur kuriosen Fundgrube

Am Morgen danach steht rund um den Maibaum ein wahrer Trödelmarkt des guten (und weniger guten) Geschmacks: Gartenbänke, Balkonkästen, zwei Street-Buddys, ein halbes Dutzend Blumentöpfe, mehrere Biergarten-Klappstühle und sogar zwei kleine Fußballtore. Wer bei dem Anblick nicht schmunzeln muss, hat vermutlich selbst etwas vermisst.

Doch keine Sorge – wie es der Brauch verlangt, können alle entführten Gegenstände am 1. Mai wieder abgeholt werden. Und wie jedes Jahr gibt es auch diesmal wieder ein paar Dinge, bei denen man sich fragt, ob sie vielleicht ganz absichtlich platziert wurden. Der Verdacht liegt nahe, dass so mancher Erbendorfer den Frühjahrsputz clever mit der Freinacht kombiniert hat. Alte Stühle, klapprige Gartenmöbel – Kraffl eben – fanden ihren Weg an den Maibaum und blieben dann einfach dort.

Schachmatt im Straßenverkehr

Doch nicht nur mit Gartenaccessoires wurde gespielt. Im Ortsteil Plärn bewiesen die Walperer Sinn für satirische Verkehrspolitik: Mit Pinsel und Farbe wurde dort ein Zebrastreifen in Schachbrettoptik auf die Straße gepinselt. Der Hintergrund ist ernster, als die Malaktion vermuten lässt – seit Jahren ärgert man sich über Raser, die schon vor dem Ortsschild Gas geben und die Geschwindigkeitsbegrenzung eher als freundliche Empfehlung verstehen. Bei vergangenen Messungen wurden teils rekordverdächtige Überschreitungen festgestellt. Mit dem kunstvollen Zebrastreifen wollten die nächtlichen Mahner offenbar auf die Missstände aufmerksam machen – mit einem Augenzwinkern, versteht sich.

Brauch ja, Schaden nein

Wie jedes Jahr blieb der nächtliche Schabernack im Rahmen. Solange nichts zerstört wird und die Stimmung passt, ist alles gut. Die Botschaft: Das Brauchtum lebt – mit Herz, Humor und meist mit Verstand.

Wer also heute sein Gießkännchen oder die vermisste Gartendeko sucht: Ein kurzer Spaziergang zum Maibaum lohnt sich. Vielleicht entdeckt man dabei ja auch, was der Nachbar alles so im Vorgarten herumstehen hatte.