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Steinwaldklinik in Erbendorf schließt

Neues Standortkonzept der Kliniken Nordoberpfalz

Verlagerung der Geriatrischen Rehabilitation von Erbendorf nach Tirschenreuth im Jahr 2025

WEIDEN. Krankenhäuser in ganz Deutschland stehen aktuell vor großen Herausforderungen. Eine jahrelange Unterfinanzierung, die Auswirkungen der bevorstehenden Krankenhausreform und die demographische Entwicklung mit ihren Auswirkungen auf die Personalgewinnung und Patientenzuströme sorgen dafür, dass sich an vielen Standorten die Strukturen ändern müssen. Diese Entwicklung betrifft auch die Kliniken Nordoberpfalz. Mit einem neuen Standortkonzept soll die medizinische Versorgung weiterhin in kommunaler Trägerschaft gewährleistet werden. Was sich konkret am Leistungsangebot des kommunalen Klinikverbunds ändert und wie man den bevorstehenden Herausforderungen der Krankenhausreform erfolgreich begegnen will, stellten die Gesellschafter und der Klinikvorstand heute vor.

„Gemeinsam mit unseren Gesellschaftern und dem Aufsichtsrat beschäftigen wir uns seit längerem mit einer zukunftsfähigen Aufstellung unseres Unternehmens und unserer Standorte“, erklärt Vorstand Michael Hoffmann. „Unsere wichtigsten Ziele sind die bestmögliche Versorgung unserer Patientinnen und Patienten sowie die Sicherung von Arbeitsplätzen. Gleichzeitig muss unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten aber auch die Überlebensfähigkeit unseres Klinikverbunds sichergestellt sein, um eine flächendeckende medizinische Versorgung in der Region gewährleisten zu können. Um das zu ermöglichen, müssen auch wir uns verändern und unsere Strukturen anpassen. Dafür haben wir ein Konzept erstellt, das für unsere Gesellschafter Voraussetzung für eine neue Finanzierungsvereinbarung ist. Nur durch diese finanzielle Unterstützung haben wir die Möglichkeit, die Versorgungsstruktur in der Region aufrechtzuerhalten. Durch eine Konzentration und Spezialisierung gehen wir den Wandel im Gesundheitswesen proaktiv an.“

Sämtliche Planungen seien am aktuellen Stand der durch das Bundesgesundheitsministerium initiierten Krankenhausreform ausgerichtet, so Hoffmann weiter. Der lange Entwicklungsprozess der Reform und die abweichende Position des Freistaats Bayern hätten die Situation zusätzlich zur angespannten wirtschaftlichen Lage erschwert. Die Gesellschafter und der Aufsichtsrat waren in der Entwicklung der Konzepte eng eingebunden. Die Umsetzung der Restrukturierungsmaßnahmen war für die Gesellschafter der Kliniken Nordoberpfalz Voraussetzung für eine neue Finanzierungsvereinbarung mit dem Klinikverbund, durch die der Liquiditätsbedarf bis zum Jahr 2026 gesichert wird. „Wir werden an unseren Standorten weiterhin eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung anbieten können und nutzen die Ansätze und Chancen, die die Krankenhausreform bietet. Die Veränderungen in der Struktur unserer Standorte sind notwendig, um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens und den Erhalt der kommunalen Trägerschaft zu sichern. Wir als Gesellschafter stehen hinter dem Klinikverbund und haben deshalb auch eine neue Finanzierungsvereinbarung getroffen. Die Stadt Weiden und die Landkreise Tirschenreuth und Neustadt/WN werden in den kommenden drei Jahren jeweils rund 17 Mio. Euro in die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung in der Region investieren“, so Jens Meyer (Oberbürgermeister Stadt Weiden), Roland Grillmeier (Landrat Landkreis Tirschenreuth) und Andreas Meier (Landrat Landkreis Neustadt/WN).

Verlagerung der Geriatrischen Rehabilitation von Erbendorf nach Tirschenreuth

Am Standort Tirschenreuth wird bereits seit mehreren Jahren erfolgreich und mit großem Zulauf eine Akutgeriatrie für betagte Patientinnen und Patienten angeboten. Die Kapazität wird um zehn weitere Plätze aufgestockt. An diesen Standort wird zukünftig die geriatrische Rehabilitation verlagert, die bislang in Erbendorf ansässig ist. Für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur in Erbendorf wären auf Dauer hohe Investitionen nötig, für die keine Gegenfinanzierung vorliege, wie Vorstand Michael Hoffmann erläutert. „Durch die Bündelung der Geriatrie in Tirschenreuth in Kombination mit der Inneren Medizin mit Schwerpunkt Akutgeriatrie und der Geriatrischen Rehabilitation entsteht ein umfassendes Behandlungsangebot für ältere Menschen an einem Standort. Wir können damit sowohl personell als auch strukturell viele Synergieeffekte nutzen und ermöglichen schnellere Abläufe, sowohl für die Patienten als auch für unsere Kolleginnen und Kollegen“, so Hoffmann. Gespräche über mögliche Nachfolgenutzungen des Gebäudes in Erbendorf sind bereits angelaufen.

Anpassung der Leistungen in den Krankenhäusern Kemnath und Tirschenreuth

Auch am Krankenhaus Kemnath wird es im Zuge der neuen Struktur voraussichtlich zu Veränderungen kommen. Die genaue Ausprägung ist jedoch abhängig von der genauen Ausgestaltung der Strukturreform. Denkbar ist die Umwandlung in ein Level Ii-Krankenhaus bzw. intersektorales Gesundheitszentrum, in dem zukünftig Patientinnen und Patienten mit internistischen Erkrankungen behandelt werden. Stationäre Leistungen der Grund- und Regelversorgung würden in diesem Modell wohnortnah mit ambulanten fach- und hausärztlichen Leistungen verbunden. Auch die weitere Durchführung von endoprothetischen und chirurgischen Eingriffen durch externe Operateure und Belegärzte ist abhängig von der weiteren Ausgestaltung der Strukturreform. Die Notfallversorgung soll in der Zeit zwischen 8 und 20 Uhr sichergestellt sein.

Am Krankenhaus Tirschenreuth wird die Behandlung von älteren Patientinnen und Patienten gebündelt. Zudem wird das Krankenhaus zu einem Hochleistungs-OP-Zentrum für ambulante Operationen umgewandelt. Der OP-Bereich am Krankenhaus Tirschenreuth wurde vor einigen Jahren modernisiert und bietet dafür beste Möglichkeiten. Bereits seit mehreren Monaten werden hier verstärkt ambulante Eingriffe mit sehr positiven Erfahrungen vorgenommen.

Ambulante Behandlungen und Operationen werden auch zukünftig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Durch diese Konzentration am Krankenhaus Tirschenreuth und begleitend durch das MVZ in direkter Nähe zum Krankenhaus sowie die Spezialisierung auf Altersmedizin bleibt der Standort Tirschenreuth weiterhin ein wichtiger Eckpfeiler in der KNO und der gesamten Gesundheitsversorgung in der Region.

Aufgrund der Konzentration auf die Innere Medizin mit geriatrischem Schwerpunkt werden chirurgische Behandlungen mit anschließendem stationärem Aufenthalt sowie die Gynäkologie und Geburtshilfe zukünftig nicht mehr in Tirschenreuth angeboten. Wie in Kemnath soll aber eine Notfallversorgung in der Zeit zwischen 8 und 20 Uhr weiterhin sichergestellt sein. Eine Ausweitung dieser Zeiten ist an beiden Standorten möglich.

Für den Standort Weiden laufen derzeit weiterhin detaillierte Prüfungen zur Anpassung bestehender Prozesse und Abläufe. Auch die Planung eines Neubaus wird aufgrund der hohen Investitions- und Instandhaltungserfordernissen in den kommenden Jahren weiter vorangetrieben. Dabei werden auch Fördermöglichkeiten des Freistaats geprüft.

Enge Einbindung des Betriebsrats und Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von den Strukturveränderungen betroffen sind, sollen nach Möglichkeit Beschäftigungsangebote an anderen Standorten innerhalb des Klinikverbundes erhalten. In enger Abstimmung finden gemeinsam mit dem Betriebsrat persönliche Gespräche über den zukünftigen Einsatzort der Beschäftigten statt. Die Kolleginnen und Kollegen an den Standorten Erbendorf, Kemnath, Tirschenreuth und Weiden wurden persönlich durch die Unternehmensleitung informiert. „Wir haben großen Wert auf eine ehrliche und transparente Kommunikation über die anstehenden Veränderungen gelegt“, betont Michael Hoffmann. Durch die kompaktere Struktur des Klinikverbunds und daraus entstehende Synergieeffekte ist denkbar, dass in den kommenden Jahren in verschiedenen Bereichen einige Stellen entfallen. Der Pflegebereich wird davon jedoch unberührt bleiben. Der Betriebsrat ist dabei eng in die Entwicklungen eingebunden.

An der Erstellung eines Strukturgutachtens und der daraus resultierenden Maßnahmen zur Restrukturierung waren renommierte Experten aus dem Krankenhauswesen beteiligt, unter anderem auch Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. Weil sich in der Region zunehmender Bedarf im Bereich Altersmedizin (Geriatrie) und aufkommende Versorgungslücken in der ambulanten Versorgung zeigen, stehen Angebote wie die Geriatrie und die Weiterentwicklung der intersektoralen Versorgung im Fokus. „Der sich zuspitzende Fachkräftemangel macht die Stellenbesetzung vor allem an kleineren Standorten extrem schwierig. Auch daher ist die Veränderung von Strukturen und des Leistungsangebots unabdingbar, zumal sich dadurch Synergieeffekte in den Häusern ergeben, die eine positive Wirkung auf die Behandlungsmöglichkeiten haben“, erklärt Michael Hoffmann.

Zeithorizont für die Strukturveränderungen

Bis die Maßnahmen umgesetzt werden, wird es noch dauern. Am Krankenhaus Tirschenreuth müssen unter anderem noch bauliche Maßnahmen durchgeführt werden, sodass der Umzug der Geriatrischen Rehabilitation voraussichtlich erst im Jahr 2025 erfolgen wird. Ab dem 01. April 2024 werden gynäkologische Patientinnen aus Tirschenreuth verstärkt am Klinikum Weiden behandelt, auch Geburten werden dann am Schwerpunktversorger durchgeführt. Das Leistungsspektrum am Krankenhaus Kemnath wird sich im Jahr 2024 ebenfalls noch nicht verändern. Abhängig von der weiteren Entwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen und Finanzierungsvorgaben der Krankenhausreform ist hier eine Anpassung des geplanten Spektrums möglich.

„Um das Restrukturierungskonzept überhaupt umsetzen zu können, muss das Unternehmen wirtschaftlich gesichert sein. Dafür ist ein signifikanter Liquiditätsbedarf notwendig, den wir als Träger gemeinsam stemmen werden. Unabhängig davon müssen seitens Bund und Ländern Lösungen gefunden werden, um kommunale Trägerschaften auch weiterhin sicherstellen zu können. Denn sowohl für die Stadt Weiden als auch die Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth ist das Ende des finanziell Machbaren erreicht“, erklären die Vertreter der Gesellschafter. Die Umsetzung des Restrukturierungskonzepts ermöglicht den Kliniken Nordoberpfalz ab dem Jahr 2026 ein ausgeglichenes Jahresergebnis.

Bei einer Pressekonferenz wurden am Freitag die Details der Strukturreform vorgestellt.
Foto: rw

Vorstand Michael Hoffmann bedankte sich bei den Trägern für die Unterstützung und die Zusammenarbeit: „Wir wissen, dass sich unsere Gesellschafter in Zeiten klammer kommunaler Kassen massiv strecken mussten und harte Einschnitte hinnehmen, um diesen Weg mit uns in kommunaler Trägerschaft weiterhin gehen zu können. Für uns ist das ein großes Zeichen des Vertrauens in unseren Klinikverbund. Wir werden jetzt mit Hochdruck an der erfolgreichen Umsetzung der Maßnahmen arbeiten und sind zuversichtlich, dass wir dadurch langfristig und nachhaltig die Versorgung in der Region sicherstellen und unsere wirtschaftliche Lage verbessern können.“

Textfeld: Zusammenfassung des neuen Standortkonzepts der KNO zur Sicherung der medizinischen Versorgung in der Region:

•	Umzug der Geriatrischen Rehabilitation von Erbendorf nach Tirschenreuth
•	Anpassung des medizinischen Portfolios des Krankenhauses Tirschenreuth mit Fokus auf internistisches Spektrum mit dem Schwerpunkt Akutgeriatrie und Geriatrische Rehabilitation sowie als Hochleistungs-Zentrum für ambulante Operationen
•	Denkbare Wandlung des Krankenhauses Kemnath zum Level Ii-Krankenhaus / intersektoralen Gesundheitszentrum mit internistischem Schwerpunkt
•	Sicherstellung der Notfallversorgung an den Krankenhäusern Kemnath und Tirschenreuth von 8 bis 20 Uhr vorgesehen
•	Nutzung resultierender Synergien aus den Strukturveränderungen am Klinikum Weiden sowie Prüfung eines Neubaus
•	Mitarbeitende, die von Strukturänderungen an ihrem Standort betroffen sind, erhalten sofern möglich ein Beschäftigungsangebot an anderen Standorten des Klinikverbunds
•	Erstellung des Strukturgutachtens in enger Zusammenarbeit mit renommierten Experten aus dem Gesundheitswesen, unter anderem mit Prof. Dr. Christian Karagiannidis (Intensivmediziner, Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung)