Kreuzotter unter Druck – Artenschutz trifft Windkraft-Realität
PRESSATH. Sie gilt als faszinierender, aber scheuer Ureinwohner der Oberpfalz: die Kreuzotter. Doch ihr Lebensraum schwindet dramatisch. Mit einem neuen Projekt wollen die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) und die Regierung der Oberpfalz die bedrohte Schlange nun besser schützen. Gleichzeitig geraten die Staatsforsten jedoch in die Kritik – denn während sie mit großem Aufwand Artenschutzprojekte fördern, werden für Windkraftanlagen wertvolle Waldflächen gerodet.
Schutzprojekt für Bayerns einzige Giftschlange

Foto: Regierung der Oberpfalz/Kammermeier
Im Forstbetrieb Schnaittenbach läuft derzeit eine umfassende Untersuchung zur Kreuzotter. Der Reptilienexperte Andreas Schmiedinger erfasst Vorkommen und Lebensräume der streng geschützten Art in den Landkreisen Neustadt an der Waldnaab, Amberg-Sulzbach, Schwandorf und Tirschenreuth. Ziel ist es, verbliebene Populationen zu stabilisieren und Biotopverbindungen zu schaffen, um genetischen Austausch zu sichern.
Die Kreuzotter leidet unter der Zerschneidung ihrer Lebensräume – Straßen, intensive Forst- und Landwirtschaft sowie Klimaveränderungen setzen ihr zu. Geplant sind deshalb Maßnahmen wie Wurzelhaufen als Winterquartiere, Feuchtbiotope für Beutetiere und strukturreiche Wegränder.
Der Widerspruch: Artenschutz und Windindustrie im selben Wald
Während die Staatsforsten Artenschutz und Biodiversität betonen, sieht die Realität ganz anders aus. Immer mehr Staatswaldflächen – auch in sensiblen Gebieten – werden für Windkraftanlagen freigegeben. Dabei verschwinden teils mehrere tausend Quadratmeter Wald, Lebensräume werden zerschnitten, Böden versiegelt.
Das Ziel: mehr regenerative Energie, weniger CO₂-Ausstoß. Die Kehrseite: Der CO₂-Speicher Wald selbst wird geopfert.
Naturschützer und Bürgerinitiativen kritisieren diese Entwicklung als Greenwashing – eine Art Feigenblatt-Politik, die unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit massive Eingriffe in die Natur rechtfertigt. Der politische Druck auf die Bayerischen Staatsforsten, mehr Flächen für Windkraft bereitzustellen, wächst. Doch was bleibt vom vielbeschworenen „Naturschutz im Staatswald“, wenn zugleich uralte Biotope dem Bagger weichen?
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Die Bemühungen um den Erhalt der Kreuzotter sind zweifellos wichtig und richtig. Doch sie werfen eine grundsätzliche Frage auf: Wie glaubwürdig ist der staatlich organisierte Artenschutz, wenn gleichzeitig die Zerstörung von Lebensräumen für energiepolitische Ziele in Kauf genommen wird?
Artenschutz darf kein PR-Projekt sein – sondern muss auch dort gelten, wo wirtschaftliche Interessen locken. Sonst wird aus dem Schutz der Kreuzotter schnell ein Symbol für das Dilemma der bayerischen Umweltpolitik: guter Wille trifft auf grüne Rhetorik – und verliert am Ende gegen die politische Realität.
Aufruf
Wer in der Oberpfalz eine Kreuzotter sichtet, sollte sie aus sicherer Entfernung beobachten und keinesfalls stören. Meldungen – am besten mit Foto und genauer Ortsangabe – nimmt die Biodiversitätsberatung an den Landratsämtern entgegen.