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Offener Bürgerstammtisch nach der Stadtratssitzung – „Miteinander für Erbendorf“ sorgt für Harmonie im Rathaus

ERBENDORF. Wer am Montagabend im Sitzungssaal des Rathauses Platz nahm, rieb sich verwundert die Augen: Irgendetwas war anders. Das Erbendorfer Stadtratsgremium präsentierte sich ungewohnt harmonisch. Kaum Diskussionen, kaum Widerspruch – viele Beschlüsse gingen einstimmig durch. Ein Bild, das in den vergangenen Jahren eher Seltenheitswert hatte.

Ob es an der Zuschauerzahl lag? Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf der neuen Wählerinitiative „Miteinander für Erbendorf“, die zum Besuch der öffentlichen Stadtratssitzung eingeladen hatte. Die Zuhörerreihen waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Und offenbar wirkte die Anwesenheit der Bürger motivierend: Harmonie, Einigkeit, Lobeshymnen auf die gute Zusammenarbeit – das war der Tenor des Abends.

Zahlen, Schaubilder und Steuererhöhungen

Doch hinter der zur Schau gestellten Einigkeit blieben bei vielen Besuchern Fragen zurück. Die lange Einleitung des Bürgermeisters mit Schaubildern und Zahlenreihen zum Thema Inflation und Kostensteigerung stieß auf Stirnrunzeln. Thema war die angespannte Haushaltslage der Stadt – laut Bürgermeister seien aus dem Verwaltungshaushalt derzeit keine Zuführungen mehr zum Vermögenshaushalt möglich. Das heißt: Investitionen sind auf absehbare Zeit nicht realisierbar.

Zur Abstimmung standen unter anderem Erhöhungen der Grundsteuer, Gewerbesteuer und Hundesteuer, ebenso wie die Streichung des Kindergartenbusses und weitere Einsparmaßnahmen. Viele Anwesende zeigten sich überrascht, dass über kleinere Posten lange diskutiert wurde, während die jeweiligen Defizite von Schwimmhalle oder Stadthalle gar nicht thematisiert wurden. „Man sollte schon wissen, was diese Großprojekte im Nachhinein wirklich kosten, bevor man bei kostenlosen Windelsäcken spart“, so der Kommentar eines Teilnehmers später beim Stammtisch.

Kritische Nachbetrachtung beim Bürgerstammtisch

Knapp zwanzig Bürgerinnen und Bürger kamen im Anschluss beim offenen Bürgerstammtisch in der Pizza Cone zusammen, um die Sitzung nachzubesprechen. Dabei wurde deutlich: Viele empfanden die Art der Sitzungsführung als ermüdend und wenig transparent. „Man könnte fast den Eindruck haben, dass mit dem Wust an Zahlen eher abgelenkt werden soll, bis am Ende alle zustimmen“, sagte eine Teilnehmerin.

Auch die angeblich harmonische Zusammenarbeit im Stadtrat wurde kritisch hinterfragt. Unter dem Tagesordnungspunkt „Anfragen“ nutzte ein Stadtrat die Gelegenheit, sich in einem vorbereiteten Statement zu rechtfertigen. Er betonte, dass alle Fraktionen hervorragend zusammenarbeiten würden und man früher vielleicht Fehler gemacht habe, nun aber geeint sei. Manche Zuhörer nahmen diese Selbstdarstellung mit Schmunzeln – und einer gewissen Skepsis – zur Kenntnis.

Mehr Bürgerinteresse – mehr Aufmerksamkeit

Eines jedoch steht fest: Die Initiative „Miteinander für Erbendorf“ hat bereits jetzt etwas bewirkt. Bürgerinnen und Bürger beginnen, die Arbeit des Stadtrates wieder genauer zu verfolgen – und die Stadträte müssen sich rechtfertigen.
„Unser Ziel war, Interesse an Kommunalpolitik zu wecken – und das ist gelungen“, so das Fazit aus den Reihen der Initiative.

Das Format eines offenen Bürgerstammtisches nach der Stadtratssitzung kam bei allen Teilnehmenden sehr gut an – und soll unbedingt fortgeführt werden.