Kommentar: Ein Besuch zwischen Schein und Sein – Bundespräsident Steinmeier in Weiden
von Roland Wellenhöfer
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Besuch in Weiden – ein Ereignis, das die Stadt mit Stolz erfüllt und medial ins Rampenlicht rückt. Oberbürgermeister und Bürger haben die Chance, ihre Stadt von der besten Seite zu präsentieren. Doch hinter der gut inszenierten Fassade stellt sich die Frage: Wie echt ist das Bild, das vermittelt wird?
Durchdachte Inszenierung und symbolische Stationen
Das Besuchsprogramm ist minutiös geplant. Ein Gang durch die Fußgängerzone, der obligatorische Kontakt mit „ganz normalen Bürgern“ und inszenierte Begegnungen: Kinder mit Deutschlandflaggen, ein junger Flüchtling, der um ein Selfie bittet – Bilder, die positive Schlagzeilen garantieren. Anschließend folgen hinter verschlossenen Türen Gespräche mit Lokalpolitikern, bei denen Sorgen und Nöte der Region angesprochen werden sollen. Doch wie tiefgründig sind diese Gespräche tatsächlich?
Der Besuch im Jugendzentrum und beim Fußballverein, der für seine migrationsfreundliche Jugendarbeit bekannt ist, setzt weitere symbolträchtige Akzente. Doch ein Termin jagt den nächsten, Fragen oder gar Nachfragen bleiben auf der Strecke. Es geht um „schöne Bilder“, die den Bundespräsidenten im besten Licht erscheinen lassen, umgeben von zufriedenen Bürgern. Kritische oder ungeschminkte Bilder sind unerwünscht. Wenn ein Reporter zu nah kommt, werden Sicherheitsaspekte vorgeschoben, um einen freien Blick zu verhindern. Währenddessen sind die hauseigenen Fotografen selbstverständlich stets zur Stelle.
Medien im Spannungsfeld zwischen Bericht und Inszenierung
Besonders deutlich wird der mediale Kontrollmechanismus: Das Bundeskriminalamt, eigentlich für die Sicherheit verantwortlich, agiert hier fast wie eine Zensurbehörde nach dem Motto „Du kommst hier nicht rein!“. Etablierte öffentlich-rechtliche Sender erhalten exklusive Interviews, während lokale Journalisten von einer Akkreditierungsstation zur nächsten hetzen. Es bleibt kaum Zeit, Material zu sortieren, Fotos und Videos zu bearbeiten oder gründliche journalistische Arbeit zu leisten. Im Eiltempo durch die Stadt getrieben, bleiben Nachfragen unerwünscht.
Ein verzerrtes Bild in den Medien
Am nächsten Tag prangen in den Zeitungen genau die Bilder, die gewünscht waren: Der Bundespräsident mit süßen Kindern, beim Zocken mit Jugendlichen an der Konsole, der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt – alles vor der Bundesflagge inszeniert. Es werden keine Fake News produziert, doch der Besuch bleibt eine Inszenierung, die an der Realität vorbeigeht.
Ein Besuch im Spiegel der Medienmacht
Der Besuch von Bundespräsident Steinmeier in Weiden zeigt eindrücklich, wie sehr mediale Inszenierung und politische Realität voneinander abweichen können. Was bleibt, ist ein wohldurchdachtes, aber letztlich verzerrtes Bild – ein Abbild, das mehr Schein als Sein vermittelt. In Zeiten, in denen Authentizität und Transparenz immer stärker gefordert werden, hinterlässt dieser Besuch einen faden Beigeschmack. Die Macht der Bilder triumphiert, doch die Wahrheit bleibt auf der Strecke.